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Vom Privateigentum zur Gemeinschaft: Hof Tarmitz

Wie ein Hof im Wendland zum Modellprojekt wird

Im Herzen des Wendlands, eingebettet zwischen roten Ziegeldächern und blühenden Mohnfeldern, wurde ein bemerkenswerter Wandel vollzogen. Was einst ein privates Hofprojekt war, ist heute ein gemeinschaftlich getragenes Lebensmodell – ermöglicht durch die den Mut zweier Menschen, loszulassen und neu zu denken und die Beteiligung der Genossenschaft „Katze im Sack eG“ und der Stiftung trias.

Ein Anfang mit Geschichte

„Mein erster Besuch im Wendland war 1978, beim Sommercamp in Gartow zur TAZ-Gründung“, erinnert sich Dieter. „Ich war sofort begeistert.“ Viele Jahre später kehrte er mit seiner Frau in das klassische "Rundlingsdorf" - einer in Norddeutschland noch anzutreffenden historischen Dorfanlage - zurück, begleitet von dem Wunsch, dort einen Ort zum Leben zu finden. Nach langer Suche fanden sie schließlich das Haus in Tarmitz 4, das sie sofort faszinierte. „Es war unbezahlbar – und doch wurde es unseres.“

Doch das Leben verläuft nicht immer geradlinig. Nach dem Tod seiner Frau stand Dieter vor der Frage, wie es mit dem Hof weitergehen sollte. „Dieses Objekt hat so viel Energie aufgenommen, dass es einfach erhalten bleiben muss“, sagt er. Der Verkauf an den Meistbietenden kam für ihn nicht infrage.

Die Katze im Sack zieht ein

Gemeinsam mit seiner neuen Partnerin Sigrid entwickelte Dieter ein alternatives Modell zum klassischen Verkauf: Nach einem Erstkontakt zu den Mitarbeitenden der Stiftung trias wurde eine Gruppe über das Wohnprojekte-Portal auf das Projektgesuch aufmerksam. Ein erfolgreiches Matching, das Menschen und Haus bzw. Eigentümer zusammengebrachte. Nach einem ersten Kennenlernen bei Kaffee und Kuchen war schnell klar: Es passt! 

Das Grundstück wurde von den Eigentümer*innen in den Vermögensstock der Stiftung trias zugestiftet und ist damit unverkäuflich. Die Gruppe gründete eine Genossenschaft, die sich heute „Katze im Sack eG“ nennt, übernahm Verantwortung für das Gelände und entwickelte gemeinsam mit Dieter und der Stiftung trias ein rechtlich und wirtschaftlich tragfähiges Modell.

Die Gruppe erhält ein Erbbaurecht, wobei statt eines Kaufpreises eine Leibrente vereinbart wurde, ergänzt durch ein Nießbrauchrecht, das dem Paar ein lebenslanges Wohnrecht sichert.

Es war uns wichtig, dass wir mit den Alteigentümern zusammenleben können“, sagt Linda. „Und das funktioniert – wir verstehen uns gut.“

„Ich will nicht, dass solche Dinge in spekulative Hände geraten“, ergänzt Dieter. „Es muss alles nachhaltig bleiben. Viel Zeit haben wir nicht mehr vor uns, aber wir hoffen, dass viele Menschen nach uns Freude an diesem Ort haben.“

Die Tatsache, dass die Alteigentümer weiterhin vor Ort leben, birgt allerdings nicht nur Risiken, wie Linda veranschaulicht: „Jetzt neulich standen wir auf der Wiese und haben uns den Balkenmäher noch mal angeguckt, den wir vorher noch nie benutzt hatten, und Dieter kennt den einfach.“

Ein Modell mit Wirkung

Die Rolle der früheren Grundstückseigentümer in dem Modell ist bemerkenswert: Ihre Unterstützung, ihre Zustiftung und ihr Engagement für die Ziele der Genossenschaft waren von enormen Wert.

„Wir wollten Menschen ohne dicke Geldbeutel ermöglichen, ihre Wohnträume zu verwirklichen“, erklärt Dieter. Die Stiftung trias bot dafür den passenden Rahmen. „Wir haben das dem Kapitalmarkt entzogen“, sagt er stolz. Linda ergänzt: „Es bleibt bestehen – unabhängig von uns als Personen. Das war ein schöner Moment.“

Die Zusammenarbeit mit der Stiftung beschreiben sie als intensiv und zielführend. „Die Stiftung trias hat uns sehr unterstützt – mit Erfahrung, Struktur und Geduld“, so Linda. Auch wenn bürokratische Prozesse wie Grundbucheintragungen Zeit kosten, ist das Vertrauen in das Modell groß.

Ein Aufruf zur Nachahmung

„Es gibt viele ältere Menschen mit großen Häusern, deren Kinder weggezogen sind“, sagt Dieter. „Dieses Modell könnte auch für sie eine Lösung sein.“ Eine öffentliche Veranstaltung ist bereits in Planung, um das Konzept vorzustellen und andere zu inspirieren.

Denn was hier entstanden ist, ist mehr als ein Wohnprojekt. Es ist ein Beispiel dafür, wie Eigentum geteilt, Verantwortung übergeben und Gemeinschaft neu gedacht werden kann – mit Respekt, Vertrauen und dem Mut, loszulassen.
 

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