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Haus in gute Hände

Soziales Miteinander für die Zukunft gesichert


Ein starkes Zeichen für Gemeinwohl und gegen Bodenspekulation haben zum Jahresende zwei Stifter*innen aus einem Dorf etwa 20 km südlich von Berlin im Landkreis Teltow-Fläming gesetzt: Nives B. und Monika H. haben ihre beiden Immobilien an die Stiftung trias übertragen, bereits zu Lebzeiten. Grund und Boden gehen damit dauerhaft in das Stiftungsvermögen ein und werden unverkäuflich.

Die beiden hübschen Häuser sind Teil eines idyllisch gelegenen Wohnprojekts, das vor 25 Jahren für lesbische Frauen gegründet wurde. Heute steht es für gelebte Nachbarschaft, naturnahes Leben und soziales Miteinander unter Frauen. Die Schenkung erfolgt unter Vorbehaltsnießbrauch, sodass die Eigentümerinnen weiterhin Verantwortung übernehmen können. Nach ihrem Tod, so ihr vertraglich festgeschriebener Wunsch, sollen die Häuser weiterhin vorzugsweise lesbischen Mieterinnen vorbehalten bleiben – zu fairen Konditionen und im Sinne der Projektwerte.

„Uns ist wichtig, dass unser Zuhause nicht irgendwann verkauft werden muss – auch nicht im Pflegefall“, sagen die beiden Stifterinnen. Die Stiftung trias bietet genau diese Sicherheit: Boden und Häuser bleiben in Gemeinwohlhand, die soziale Ausrichtung wird langfristig garantiert."

Mehr zu ihren persönlichen Beweggründen, verbunden mit dem Westberliner Häuserkampf in den 1980er Jahren, erzählt Stifterin Nives B. in einem persönlichen Gespräch weiter unten.

Wir danken den Stifter*innen herzlich für das in uns gelegte Vertrauen, ihren Lebensort in unsere Stiftungshände zu legen. 
 

>> zum Interview

 

Interview mit Nives B., Stifterin:

Karen Lehmann, verantwortlich für die Betreuung von Stifter*innen in der Stiftung trias, hat das Wohnprojekt in Jütchendorf besucht und eine der Stifterin in einem nachträglichen Gespräch interviewt.

Was waren die Beweggründe von dir und deiner Partnerin, euch mit uns als Stiftung so für eurer Projekt zu engagieren?

Nives B.: Das hat mit unserem persönlichen Hintergrund zu tun. Wir beide haben eine Geschichte mit dem Westberliner Häuserkampf in den 80er Jahren, da waren wir noch relativ jung. In dieser Phase haben wir gesehen, dass es einfach nicht gut ist, wenn Häuser leer stehen oder sich nicht gut darum gekümmert wird. Diese Zeit hat uns definitiv geformt und unser Bewusstsein für einen gerechten und sozialen Umgang mit Wohnraum geschaffen. Alle Menschen haben doch ein Recht auf schönen Wohnraum und eine für sie passende Wohnform, nicht wahr? Das ist nach wie vor auch meine Gesellschaftskritik an der heutigen Zeit. Die Erfahrungen in Berlin haben uns vor Augen geführt, wie wichtig gemeinschaftliches Engagement ist. Mit dieser Biografie bin ich nicht alleine.

Was meinst du damit?

Nives B.: Na ja, dass es in meinem Umfeld viele gibt, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Die Menschen, von denen ich spreche, leben inzwischen in verschiedenen Projekten auch eher auf dem Land. Das sind Projekte, die einen ähnlichen Hintergrund haben, also auch mit der trias oder dem Mietshäuser Syndikat oder anderen Akteur*innen verbunden sind, weil die Menschen es sich sonst gar nicht leisten könnten, nach ihren Möglichkeiten und Vorstellungen zu leben. 

Welche Vision verbindest du mit eurem Projekt? Was soll es für die Menschen und für die Gemeinschaft bewirken?

Nives B.: Unser Projekt ist in erster Linie ein Wohnprojekt. Nach außen hin hat es keine überhöhten Ansprüche. Wir leben in einer aktiven Nachbarschaft und legen Wert auf nachhaltige Lebensweise. Mein persönliches Anliegen ist, dass dieser Ort ein Safer Space, also ein geschützter Raum, für Flinta* Personen ist. Einfach ein schöner Ort zum Leben und Kraft schöpfen. Wo wir aktiv ein soziales Miteinander entwickeln können, das auf gegenseitiger Unterstützung und Gemeinschaft basiert.

Gab es einen besonderen Moment, der euch in der Entscheidung für eine Schenkung bestärkt hat?

Nives B.: Ich beobachte, dass Menschen eine Art Eigentumsfetisch haben und ihren Wert über das Besitzen eines Hauses definieren. Das ist mir ganz schön fremd. Mir ist wichtig, dass Orte gepflegt und erhalten bleiben und nicht mit ihnen spekuliert wird. Da kaufen Leute Objekte, um sie zu überhöhten Mieten zu vermieten und dann für einen noch höheren Preis weiterverkaufen - das finde ich nicht redlich, auch wenn es legal und gesellschaftlich normal geworden ist. In meiner Vorstellung ist es überhaupt nicht OK. Das finde ich eben toll an der Stiftung trias, dass sie ein alternatives Modell entwickelt hat, die Spekulation von Wohnraum zu verhindern.
Und es hat auch mit der persönlichen Auseinandersetzung mit dem eigenen Tod zu tun. Meine Partnerin und ich werden nicht für immer leben, und wir wollen über unser Leben hinaus sichern, dass andere, die so ähnlich ticken wie wir, in diesem schönen Haus weiterleben können.

Wie siehst du die Rolle der Stiftung trias in der Umsetzung?

Nives B.: Ich sehe die Rolle der Stiftung in der Erhaltung von geschaffenen Strukturen und in ihrer Beratungsleistung, basierend auf den bereits gesammelten Erfahrungen: Menschen darin zu unterstützen, alternative Lebensformen an wunderschönen Orten dauerhaft zu erhalten und weiter im Sinne der Menschen und des Gemeinwohls zu gestalten. 

Abschließend: Was wünscht du dir für die Zukunft des Projekts? 

Nives B.: Ich wünsche mir noch mehr soziales Miteinander und dass auch andere sich für den Weg entscheiden, den wir jetzt gegangen sind. Natürlich ist das eine individuelle Entscheidung und hängt von der eigenen Lebenssituation ab. Mein Eindruck ist, dass man sich als junger Mensch eher noch verschiedene Türen offen halten möchte. Wenn man älter wird, denkt man ein paar Schritte weiter und dann ist es leichter, sich für ein Engagement mit der Stiftung trias zu entscheiden. Ich verdränge nicht, dass ich älter werde mit allen Konsequenzen, sondern ich versuche, gut dafür zu sorgen - für alle Beteiligten. 
 

Herzlichen Dank für das vertrauensvolle Gespräch!

 

FLINTA* (alternativ auch FLINTA oder FLINT) ist ein Akronym, das für Frauen, Lesben, intergeschlechtliche, nichtbinäre, transgeschlechtliche und anderer agender Personen steht. Der angehängte Asterisk dient dabei als Platzhalter für alle Personen, die sich in keinem der Buchstaben wiederfinden, aber dennoch aufgrund ihrer geschlechtlichen Identität von Marginalisierung betroffen sind.
(Quelle: Wikipedia)